Montag, 29. September 2025

DAS GROSSE MISSVERSTÄNDNIS IN „CANDYMAN“

Candyman



DAS GROSSE MISSVERSTÄNDNIS IN „CANDYMAN“

Jeder kennt die Geschichte des Films „Candyman“. Sagt man den Namen des untoten Mörders fünf mal vor dem Spiegel, erscheint er. Schaut man sich den Film jedoch mehrfach bewusst an, stellt man fest – das geschieht gar nicht.

Helen Lyle schreibt an ihrer Doktorarbeit über urbane Legenden. Dabei stößt sie auf die Geschichte des Candyman und nimmt sich dieses Themas an.

Dabei wird auch die Geschichte einer jungen Babysitterin erzählt, die mit ihrem Freund den Versuch unternimmt, den Candyman zu rufen und beide werden ermordet. Doch diese Geschichte ist nicht wahr, sie gehört zur Legende.

Dann nimmt sie sich der Geschichte einer Frau an, die in der Badewanne ermordet wurde, weil der Candyman aus dem Spiegel kam. Sie geht in das Viertel Caprini Green, wo sich die Geschichte abgespielt hat, Dabei findet sie eine verlassene Wohnung, die man durch den Spiegel betreten kann, weil bei den Wänden an Material gespart wurde.

Bei ihren weiteren Untersuchungen wird sie von einem Kriminellen angegriffen, der sich als Candyman ausgibt. Sie kann ihn identifizieren und damit die Legende des Candyman widerlegen.

Das ruft den wahren Candyman auf den Plan, der seine Existenz gefährdet sieht.

Mehrfach sagt er ihr „Sei mein Opfer!“ Damit meint er nicht, dass er sie töten will. Er hat sie ausgewählt, seine Nachfolge anzutreten, weil sie seinen Nachfolger gestoppt hat. Und tatsächlich begeht er seine Morde so, dass es aussieht, als wäre Helen die Täterin.


Erst im zweiten Teil geschieht es, dass der Candyman vor dem Spiegel gerufen werden kann. Dabei ist es unklar, ob der Fluch funktioniert oder ob er das nur tut, um die Legende weiter am Leben zu erhalten.



Das Thema Rassismus wird im Film aufgegriffen, in der Originalgeschichte „The Forbidden“ aus den „Büchern des Blutes“ kommt es nicht vor. Es passt aber gut zu dem sozialkritischem Aspekt. Leider geht das eigentlich Dramas der Geschichte dabei aber unter. Nämlich dass Helen, die durch ihre Arbeit an der Legende ihren Platz im Leben zu finden hofft, sich selbst ins Verderben führt und darin eingeht. Ein Thema, das sich in Clive Barkers Büchern und Geschichten sehr häufig findet.


Der vierte Teil kehrt wieder zur Geschichte des ersten zurück, auch wenn das erst später klar wird.

Der Titel, der einfach „Candyman“ lautet, erweckt den Eindruck, es handelt sich um ein Remake bzw. einen Neustart. Tatsächlich greift er die Ereignisse des ersten Teil direkt auf.

Anthony McCoy ist ein bekannter Künstler, der nach Caprini Green zieht. Dort stößt er auf die Legende des Candyman und macht sie zum Thema seiner Kunst. Doch die Legende des Candyman hat sich geändert, es geht um einen alten Mann, der Süßigkeiten verschenkt hat, bis irgendwann Rasierklingen in den Bonbons auftauchten. Doch auch Helens Geschichte ist Teil der Legende. Allerdings wird diese verzerrt wiedergegeben. Sie wird so erzählt, als ob Helen die Morde des Candyman verübt hätte. Auch die Rasierklingen in den Bonbons kamen schon im ursprünglichem Film vor. Helen fand sie in der verwüsteten Wohnung, in der der falsche Candyman hauste.

Anthony weiß nicht, dass er das Baby war, das vom Candyman entführt wurde und er ebenfalls als Nachfolger ausgewählt ist.



Die Geschichte, dass er durch das Nennen seines Namens gerufen wird, erweckt den Eindruck es handelt sich um eine der üblichen Slasher-Filmreihen ohne Tiefe. Dabei haben diese Filme so viel mehr zu bieten.

Gerade Tony Todd hat mit seiner ruhigen Ausstrahlung, die jederzeit in extreme Brutalität umschlagen kann und wird, viel zum Erfolg der Filme beigetragen. Und auch Virginia Madsen vermittelt die Verzweiflung Helens so überzeugend, dass sie dem Film die Stimmung gibt, die er für ein ernstes Psychodrama braucht.

Die Musik des Films von Philip Glass spielt ebenfalls eine große Rolle. Seiner eigenen Aussage nach wusste er nicht einmal, dass er die Musik für einen Horrorfilm komponierte, sondern glaubte, dass es für ein Drama wäre (Was es ja auch ist).

© by Michael Sonntag – im Andenken an Tony Todd


Die CANDYMAN-Filme:
  • Candymans Fluch (OT: Candyman - 1992)
  • Candyman 2 - Die Blutrache (OT: Candyman: Farewell to the Flesh - 1995)
  • Candyman 3 - Der Tag der Toten (OT: Candyman 3: Day of the Dead - 1999)
  • Candyman (OT: Candyman - 2021)










Bei PoMeWe MAGAZIN stellen wir einzelne Medien oder Autoren in Form von bibliografischen Notizen, Miszellen oder kürzeren Essays vor. Gerne sind Gastbeiträge möglich.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen