Montag, 12. Juni 2023

COSA23.162

COSA23.162 --- Gedanken zum Buchmarkt



"Das Verschwinden der Dinosaurier" - daran musste ich denken, als ich vor ein paar Tagen die schön gedruckten Seiten eines sogenannten 'Sonderdrucks' aus einer Fachzeitschrift in meinem Briefkasten fand. Solche Sonderdrucke wurden und werden teils noch unentgeltlich als Belegexemplare den jeweiligen Textautoren überreicht und diese geben die dann an Freunde weiter. Im vorliegenden Fall teilte mir der Verfasser des Textes allerdings mit, dass diese angesehene Fachzeitschrift sich inzwischen  solche Sonderdrucke (Belegexemplare) grundsätzlich bezahlen lässt. 

Das Verschwinden von Belegexemplaren empfinde ich als ärgerlich. Es ist vermutlich aber nur die Spitze des Eisbergs. Heute schon und vermehrt in der Zukunft werden Texte (nicht nur Wissenschaftliches auch Belletristisches) immer stärker und irgendwann wohl nur noch in digitaler Form als EBooks oder PDFs veröffentlicht werden. Den Trend im belletristischen Bereich bestätigen mir meine Kontakte mit verschiedenen Autoren, die zwar zumeist nicht davon begeistert sind, aber dennoch aus kommerziellen Gründen alles Neue (auch) als EBooks veröffentlichen. Im Bereich wissenschaftlicher Publikationen sehe ich Vergleichbares. Viele Monographien, Zeitschriften oder Jahrbücher verfügen indessen neben Print- über digitale Ausgaben. Letztere sind teilweise kostenlos lieferbar, als Flatrates im Rahmen eines umfassenderen Zeitschriftenabonnements oder als digitale Einzelabonnements bzw. Einzelangebote zugänglich. Die Digitalisierungsprogramme bei Google oder angestossen von größerer Bibliotheken bzw im Internet Archive tun ein Übriges, sie sind auf der einen Seite sehr zu begrüssen; sie machen zahlreiche copyrightfreie Texte oder z.B. Dissertationen kostenlos zugänglich, sie bieten aber auch (kostenpflichtig) Zugänge zu neueren und neuesten Arbeiten. 

Als Liebhaber gedruckter Bücher bedauere ich diese Entwicklung allerdings sehr, sehe auch das Wiederverkaufsverbot für Ebooks höchst kritisch, kann mich aber dieser Entwicklung nicht verschliessen. Als weiterer Aspekt tritt in diesem Zusammenhang noch hinzu, dass inzwischen vieles im Bereich hobbymäßiger und/oder wissenschaftlicher Forschung nur noch in Form von Blogbeiträgen oder webbasierten Essays bzw. im belletristischen Bereich auf Literaturplattformen veröffentlicht wird, wo häufig Amateurautoren ihre oft erstaunlich lesenswerten literarischen Ergüsse hochladen und einem geneigten Publikum zugänglich machen können.

Daraus folgt letztendlich, dass uns im Verlagswesen und generell auf dem Buchmarkt und auch im Bibliotheksbereich massive Veränderungen bevorstehen, die wir vielleicht heute noch gar nicht richtig absehen können. Ich denke so manche bestehende Bibliothek wird letztlich zu einem Archiv des vorhandenen Kulturguts werden, wo kaum noch etwas ausgeliehen wird, Bibliotheken werden immer digitaler werden, viele Verlage werden verschwinden, SelfPublishing wird dagegen zunehmen. Die entsprechenden Medieneinheiten (Bücher, etc.) werden digital gehostet werden (über Bibliotheken, Internetarchive, websites). Die derzeit geltenden Urheberrechtsbestimmungen werden so auf  Dauer nicht zu halten sein. Es wird zu überlegen sein, wie Fragen eines angemessenen Autorenhonorars vernünftig geregelt werden können oder das Wiederverkaufsverbot von digitalen Büchern und damit der antiquarische Handel mit gebrauchten digitalen Büchern geklärt werden kann.
Werden wir im Bereich der bislang gedruckten Medien irgendwann in absehbarer Zeit auch nur bei Streaming-Plattformen landen?
Wir werden so manche Vorteile der digitalen Veröffentlichungen geniessen (kaum Platzbedarf, Durchsuchbarkeit von Texten usw), wir werden aber auch die haptischen und emotionalen Gefühle vermissen,  die uns beim Begreifen und Lesen eines schönen Buches oder Heftes durchströmen.

Bei COSA##.### stellen wir einzelne Medien vor. Die Auswahl folgt einem Zufallsprinzip. Gerne sind Gastbeiträge möglich.

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