Dienstag, 15. April 2025

FILM: Die gebrochene Kampfmaschine – Eine Verteidigung Rambos (Sonntag)

 Die gebrochene Kampfmaschine – Eine Verteidigung Rambos



Ein Gastbeitrag von Michael Sonntag

Der Vietnamveteran John J. Rambo will einen ehemaligen Kameraden besuchen, doch dieser ist tot. Rambo will weiterziehen, doch er wird wegen Landstreicherei verhaftet. Als er misshandelt wird, flieht er. Doch der Sheriff verfolgt ihn ohne Gnade und Rambo nutzt seine Fähigkeiten als Einzelkämpfer, um zu entkommen.

Rambo gilt als gnadenlose Kampfmaschine und die Filme gelten als reine Balleraction. Dabei ist es viel mehr. Vor allem die extreme Gewalt gilt als Kritikpunkt. Schaut man sich den Film aber bewusst an, trifft das in keinster Weise zu. Rambo wird zum Kämpfen gezwungen, obwohl er alles tut, dem auszuweichen. Er bittet mehrfach darum, das Kämpfen einzustellen. Auch ist der Bodycount in dem Film bei weitem nicht so hoch. Rambo tötet ein Mal, und dabei handelt es sich um Notwehr und selbst dabei bleibt es ein Unfall. Sonst versucht er, tödliche Gewalt zu vermeiden, obwohl er immer erbarmungsloser gejagt wird.

Sylvester Stallone wird wenig schauspielerisches Talent nachgesagt. Doch er zeigt sehr viel Emotion. In fast jedem Moment spürt man die Angst und Verzweiflung Rambos fast körperlich. „Rambo“ gilt als Synonym für einen harten, gewalttätigen Typen (was sogar in den Duden Einzug gefunden hat), doch die Figur ist das genaue Gegenteil. Er ist ein zutiefst gebrochener und traumatisierter Charakter, was sich dann auch in dem Nervenzusammenbruch am Ende zeigt.
Der Actionfilm erweist sich als ernstes Sozialdrama über den Umgang mit Veteranen und die reine Polizeiwillkür in den USA.

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In den ersten beiden Fortsetzungen wird das sozialkritische Drama leider nicht weiter aufgegriffen, sondern es verkommt tatsächlich wirklich zu reinem Geballer. Doch selbst daraus macht Stallone noch etwas. Hier zeigt er Rambos Traurigkeit darüber, dass es für ihn kein anderes Leben mehr geben kann, mit wenigen, aber dafür sehr eindringlichen Blicken.

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Im vierten Teil „John Rambo“ versucht Rambo, sich aus Kriegsgeschehen heraus zu halten, wird aber dennoch wieder mit hinein gezogen. Obwohl er eine pazifistische Mission begleitet, gibt es keinen anderen Ausweg gegen Gewalt, als sie ebenso kompromisslos zu erwidern.

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In Teil 5 „Last Blood“ zeigt sich, dass Rambo gar nicht mal so arm ist. Er ist Erbe einer großen Ranch. Sicher war die Figur anfangs nicht so angelegt, aber es gibt dem ersten Teil im Rückblick noch einmal mehr Tiefe. Er hätte nicht mittellos auf der Straße leben müssen, doch er war so zerstört, dass es ihm nicht möglich war, in sein Leben zurück zu kehren. Auch als Überlebender bleibt er ein Kriegsopfer. Wieder greift er zu extremer Gewalt, allerdings erst als Reaktion darauf, dass sein letzter Rest Familie ausgelöscht wird. So bleibt er wieder bei aller Brutalität eine tragische Figur, denn natürlich erhält er sein Leben auch nach vollendeter Rache nicht zurück.


RAMBO
First Blood
USA 1982

Regie: Ted Kotcheff
Drehbuch: Michael Kozoll, William Sackheim, Sylvester Stallone
Darsteller: Sylvester Stallone (John Rambo), Richard Crenna (Colonel Trautman), Brian Dennehey (Sheriff Teasle)

© Michael Sonntag













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Sonntag, 13. April 2025

Der Mann, der den Zombie ans Glockenseil hängte: Lucio Fulci

 Der Mann, der den 
 Zombie ans Glockenseil hängte – 
 Eine Verteidigung Lucio Fulcis



Ein Gastbeitrag von Michael Sonntag

Der Film „Ein Zombie hing am Glockenseil“ hat unter Horrorfans einen gewissen Kultstatus. Neben dem bescheuertem deutschen Titel (Eine Übersetzung des Originaltitels hätte den Titel „Angst in der Stadt der lebenden Toten“ gehabt, was ganz anders geklungen hätte) mag auch der Medienzirkus um die Gefährdung der Jugend durch diesen Film eine Rolle gespielt haben. - Es gab einige Reportagen zu dem Thema, die bekannteste „Mama Papa Zombie“ findet man auf youtube und selbst die hat ihre Fans. 

Gerade die Versuche, den Film zu verbieten, machten ihn erst populär. Und dann natürlich die nicht weniger dämlichen Slogans aus dem Trailer. - „Was nutzen Messer gegen Zombies? Vor allem gegen den, der am Glockenseil hing?“ - Ein riesiger Spaß für Trashfans.

Letzten Endes gilt der Film als eine Aneinanderreihung von brutalen Splatter- und Ekelszenen ohne einen sinnvollen Zusammenhang und gerade deswegen mögen ihn so viele Fans. Doch ist das wirklich so? In den 80ern wurde das Medium Videokassette immer beliebter. Videotheken schossen wie Pilze aus dem Boden und es wurden massenweise Filme produziert, die gar nicht ins Kino kamen, sondern direkt als Kassetten im Verleih und/oder Verkauf landeten. Darunter waren nach dem Erfolg von George Romeros „Night of the living dead“ und „Dawn of the dead“ auch viele Filme, in denen die umhergehenden Menschen verschlingenden Toten im Mittelpunkt standen. Oft bestanden die Filme einfach nur aus kurzen Dialogen zwischen jeder Menge Metzel- und Fressszenen und in diese Kategorie wird auch Fulcis Film eingeordnet. Doch tatsächlich passt er da nicht hin. In diesem Film findet man weder den Zombie aus der klassischen Mythologie, der von einem Voodoo-Priester gesteuert wird, noch den neuen Typ, den eben jener George Romero erfand, und der fleisch- oder hirnfressend ohne Ziel umherirrt.

Denn die Untoten sind keine ferngelenkten Puppen noch hirnlose Fressmaschinen, sondern von einem teuflischen Geist beseelte und gezielt planend vorgehende Dämonen. Dabei verfügen sie selbst über eine Vielzahl übernatürlicher Kräfte, die sie auch einsetzen. Der Begriff „Zombies“ kommt im Film auch gar nicht vor.

Es ist kein Zombiefilm, sondern ein raffiniert inszenierter mystischer Thriller. Oder soll es ein. Denn es scheint, als hätte Fulci hier einen solchen im Sinn gehabt, aber irgendwie nicht gewusst, wie er ihn hinbekommt. Die Inspirationen von Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“, aus antiken Mythologien und H.P. Lovecrafts Werk hätten einen durchaus genialen Horrorfilm hervorbringen können und sollen. Doch irgendwie wurden die brillanten Ideen nicht angemessen umgesetzt und so bleiben eben nur die anfangs erwähnten Splatterszenen im Gedächtnis. Wir haben hier keinen schlechten Film, sondern ein Meisterwerk, das nie zu einem solchen geschaffen wurde, und irgendwie komplett daneben ging. Dabei besteht der Fehler nicht nur aus den billigen Masken der Untoten. Die hätte man noch verziehen, vor allem, da gerade am Ende in den Höhlen unter dem Friedhof das Ganze so eine schön bizarr-unheimliche Stimmung aufkommen lässt. Vielmehr ist es so, als hätte man sich irgendwie von Szene zu Szene gekämpft. Ohne ein Drehbuch und mit dem verzweifelten Versuch, irgendwie die Kurve zu bekommen. (Es soll wohl doch ein Drehbuch gegeben haben, doch davon merkt man eben nichts.)

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Im zweiten Teil der Hellgate-Trilogie wirkt es, als wäre Fulci hier viel strukturierter vorgegangen. Zwar ist „Die Geisterstadt der Zombies“ bzw. „Über dem Jenseits“ ähnlich billig produziert, doch hier steht die mystische Kraft, die aus dem Höllentor kommt, mehr im Vordergrund. Zwar gibt es ähnlich grausame Metzel- und Ekelszenen, doch der Film ruht sich nicht darauf aus. Vielmehr werden der Spuk und das Mysterium des Hotels bzw. des darunter liegenden Höllentores weitaus besser ausgearbeitet. Dabei erreicht der Film nicht den Kultstatus des Vorgängers. Eben weil er auch etwas mehr Anspruch voraussetzt. Als würde er endlich das sein, was Fulci mit dem „Glockenseil“ zeigen wollte. Ebenso wie in „Glockenseil“ stand auch hier nicht viel Budget zur Verfügung und die Kritik reduzierte ihn ebenfalls auf die Schockmomente, ohne der Handlung viel Beachtung zu schenken. Gerade weil diese den Filmen in den meisten Besprechungen nicht zugestanden wird, gerät sie aus dem Blickfeld. Man erwartet einen sinnlosen Metzelfilm und aus dieser Erwartung heraus sieht man auch nur den. Dabei steckt viel mehr in diesen Filmen, als beim oberflächlichen Schauen auffällt.

Leider war Fulci kein so brillanter Regisseur, als dass er seine Vision hätte wirklich zeigen können, doch muss man ihm bei allem Trashfaktor zugestehen, dass er eine Vision zu einem echten Meisterwerk hatte. Auch, wenn es diese leider nicht auf die Videobänder geschafft hat.

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Den dritten Teil der Hellgate-Trilogie „Das Haus an der Friedhofsmauer“ überspringe ich jetzt. Zwar passt er atmosphärisch und erzähltechnisch perfekt in die Reihe, aber nicht inhaltlich. Denn die Höllentore spielen hier keine Rolle mehr. Im zweiten Teil ist die Rede von sieben Höllentoren und es wäre vielleicht noch genug Potenzial für weitere Filme gewesen. Wer weiß, wenn er sich von Film zu Film so gesteigert hätte wie vom ersten zum zweiten Teil dann wäre irgendwann sogar das heraus gekommen, was Fulci hatte zeigen wollen.


EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL
Paura nella città dei morti viventi 
Italien 1980

Regie: Lucio Fulci
Drehbuch: Dardano Sacchetti / Lucio Fulci
Darsteller: Christopher George (Peter Bell), Catriona McColl (Mary Woodhouse), Fabrizio Jovine (Pater William Thomas)


DIE GEISTERSTADT DER ZOMBIES / ÜBER DEM JENSEITS
E tu vivrai nel terrore – L'aldilà 
Italien 1981

Regie: Lucia Fulci
Drehbuch: Dardano Sacchetti / Gorgio Mariuzzo / Lucio Fulci
Darsteller: Catriona McColl (Lisa Merill), David Warbeck (John McCabe), Antoine Saint-John (Schweick)

Michael Sonntag

 











































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