Donnerstag, 7. Februar 2019

TriMag 0002



WFW - Werbung für Western

... go, read, listen and look at the western ...

Die gemeinhin Horace Greely zugeschriebene Phrase „Go west young man“ dürfte die wohl bekannteste und vermutlich einflussreichste Werbung gewesen sein, die je für den amerikanischen Westen erdacht wurde. Sie sprach ein Publikum an, erweckte Vorstellungen und ließ den Wunsch virulent werden, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Sie tat somit genau das, was Ziel aller Werbung ist: Kunden anzusprechen und sie dazu zu bringen, ein bestimmtes Produkt letztendlich zu kaufen. Dies ist höchste Ziel eines jeglichen Anbieters.
Im Bereich des Marketings spricht man in dem Zusammenhang von der AIDA-Formel. Schon Ende des 19. Jahrhundert angedacht, wurde sie inzwischen theoretisch sehr genau ausdifferenziert. Ich beschränke mich hier auf die Grundideen.
AIDA steht für die vier Begriffe:
  • attention
  • interest
  • desire und
  • action
Zunächst gilt es also für den Anbieter (Verkäufer) Aufmerksamkeit beim Nachfrager (potentiellen Kunden) zu erregen, damit dieser sein Interesse am angebotenen Produkt und dessen Besitz entdecken kann. Dies soll schließlich dazu führen, dass der Wunsch des Nachfragers entsteht, das Produkt zu besitzen. Der Wunsch oder das Bedürfnis wird, wenn sich ein Nachfrager dafür entscheidet, es zu befriedigen, zum Bedarf. Die nun erwünschte Aktion, der Kauf des Produktes, kann den Bedarf decken, der die notwendigen Geldmittel als vorhanden voraussetzt, und damit letztendlich das Bedürfnis stillen.

Gast, American Progress
Der amerikanische Westen sollte – wie es die erwähnte Phrase "Go West, young man, and grow up with the country" so trefflich ausdrückt – junge, unternehmungslustige Amerikaner in die Gebiete westlich des Mississippi locken und gaukelte ihnen dort ein Land vor, in dem „Milch und Honig fließen“. Nur kurz zuvor wurde von diesen Gebieten noch als „the great American desert“ gesprochen. Nun präsentierte man dem Publikum die Impressionen des Manifest Destiny, die Bilder, die den Aufbruch in den Westen zeigten, wie sie auf John Gasts bekanntem Gemälde American Progress (1872) oder auch in Frances F. Palmers kolorierter Lithographie Across the Continent (1869) zu sehen sind.
Palmer, Across the Continent
Beide Bilder haben eindeutig werbenden Charakter, sie zeigen kurz nach der Fertigstellung der ersten transkontinentalen Verbindung die Eisenbahn als ein Symbol des Fortschritt und vor allem Palmers auch in Zeitschriften verbreitete Lithographie stellt zentral die Weite der Landschaft heraus, die es zu besiedeln gilt. Solche Bilder sollten z.B. später auch in der Werbung für Westernfilme eine Rolle spielen. Mir ist ein Standbild (Aushangfoto) zu Luis Trenkers Der Kaiser von Kalifornien in Erinnerung, als er in der Rolle Sutters von einem hohen Berg aus auf die paradiesische Landschaft der Gelobten Landes - auf Kalifornien – herabschaut.

Stichwort Film. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf wenige Aspekte. Es geht z. B. nicht um Werbung für Reisen in den amerikanischen Westen – hier gibt es wunderschöne Plakate amerikanischer Eisenbahngesellschaften – oder für Kleidung im Westernstil, sondern um Werbung für Medien, die wir unter der Bezeichnung Western kennen. Zu nennen wären Country & Western Music, Showdarbietungen, Filme, Bücher, Pulp Magazines, Romanhefte, Comics, Ebooks etc.

Roy Rogers Spielzeugrevolver
Western als spezielle Form der Country Music hat ihren Ursprung in den ursprünglich im amerikanischen Westen gesungenen Balladen und Liedern. Mit den Möglichkeiten Musik auf Tonträgern verfügbar zu machen, entstanden erste Schallplattenfirmen, die auch Western Music in ihrem Repertoire anboten. In den 1930er und in den 1940er Jahren wurden die seit den 1920er Jahren aufgenommenen Lieder zudem in vielen Hollywood-Filmen popularisiert.
Interpreten wie Gene Autry, Roy Rogers oder Tex Ritter traten als Singing Cowboys in phantasievollen, oft farbenprächtigen Kostümen gewandet, in einer Vielzahl von Filmen auf, wobei sie immer Gelegenheit fanden, genügend Lieder zum Besten zu geben. You are my sunshine oder Back in the saddle again sind selbst heute – nach etlichen inzwischen vergangenen Jahrzehnten – so manchem noch wohlbekannt. Geschickt versuchte man die Interpreten als Idole aufzubauen. Die Gesangsauftritte der Stars in den Filmen hatten zudem natürlich außerdem einen Werbeeffekt für den Verkauf von Tonträgern. wem ein Song gefallen hatte, der entwickelte auch oftmals den Wunsch einen Tonträger zu kaufen, auf dem das Lied gespeichert war und den er jederzeit hören konnte. Öffentliche Auftritte der Interpreten in Music Shows und Merchandising Produkte wie Songbooks. Publicity Fotos, Spielzeug für Kinder usw. förderten sowohl eine schon bestehende Popularität der Sänger und Sängerinnen wie auch den Verkauf und damit den Gewinn, der z.B. mit dem „Produkt Roy Rogers“ zu erzielen war.
Roy Rogers Fahrrad

Die qualitativ nicht unbedingt zu den Westernklassikern gehörenden Filme der Singing Cowboys – selbst John Wayne konnte man einst mit Gitarre ausgerüstet, ein Liedchen trällernd in einem dieser Filme bewundern, wobei er aber nicht selbst gesungen hat – wurden durchaus auf die damals schon lang etablierte Art und Weise beworben. Es gab Plakate in verschiedenen standardisierten Größen, Lobby Cards bzw. auf deutsch Aushangfotos oder grossformatige Transparente, die oft über den Eingängen der Kinos angebracht wurden. Wer sich einst als Jugendlicher die Nase an den Aushangkästen der Kinos plattgedrückt hat, der erinnert sich wohl bestens daran, dass damals AIDA bei ihm voll zugeschlagen hat und die Wirkungsmechanismen des Filmmarketings erfolgreich waren – sofern denn das Taschengeld ausreichte.
Filmplakate gehen auf ältere Formen zurück. Für Theaterstücke, Opern, Bühnenshows oder Zirkusaufführungen wurden im 19. Jahrhundert Plakate gebräuchlich, die in optisch attraktiver Weise Bild- und Textelemente miteinander verbanden und, die an Orten mit hohem Publikumsverkehr präsentiert, auf die beworbenen Attraktionen aufmerksam machten. Buffalo Bill, ein begnadeter Selbstdarsteller, machte sich 1883 mit einer eigenen Wildwestshow selbständig und trat in den folgenden Jahrzehnten in zahlreichen amerikanischen und europäischen Städten auf. Sein Name war zunächst einmal als Held billiger Wildwestgeschichten bekannt geworden, die in den Vereinigten Staaten weite Verbreitung gefunden hatten.

Buffalo Bill Plakat

Die Buffalo-Bill Shows wurden mit farbenprächtigen Plakaten beworben. Das Plakat für Auftritte in Brooklyn im Jahr 1894 spricht von der Farbgebung - vorherrschend gelb/orange – an. Es zeigt eine Ansicht von New York aus der Luft über die im linken Bildteil groß und beherrschend Buffalo Bill in Westernkleidung reitet. Die Schrift rechts erklärt, um welche Stars und welche Veranstaltung es sich handelt, zahlreiche weitere Elemente in kleinerer Schrift erklären, wo die Bühnenshow stattfindet, wie viele Vorstellungen es pro Tag gibt und welche Eintrittspreise zu entrichten sind. - Kurz gesagt ein Plakat, wie es wohl an einer belebten Straßenkreuzung angebracht war.

Buffalo-Bill Romanhefte gab es nach 1900 auch in deutscher Übersetzung. Ab 1890 tourte seine Show in Europa, es gibt aus dieser Zeit z.B. Fotos, die ihn in einer Gondel in Venedig zeigen und auch deutsche Interessenten konnten ihn und seine sehr umfangreiche Begleittruppe in groß inszenierten Auftritten bewundern, die z.B. mit Anzeigen in Zeitungen beworben wurden. Im Zentrum einer Annonce aus dem Jahr 1900 steht die Zeichnung eines Plains-Indianers, ausgestattet mit den üblichen Utensilien, links wirbt man mit der Masse des Gebotenen – „Drei Spezialzüge, 800 Männer, 500 Pferde“, rechts gibt‘s konkretere Einzelinformationen zum Programm - „Die Eilpost von Deadwood im Sturm von Banditen genommen“ und der untere Bereich bietet die üblichen Informationen zu Preisen und Vorstellungen.
Alles in allem typische Elemente, wie man sie auch viele Jahrzehnte später noch in der Werbung für Kinofilme wiederfand. Eine Zeitungsanzeige aus dem Jahr 1979 für den Film Mannaja, das Beil des Todes zeigt ein schwarz-weiss Matern, nennt den Filmtitel, bietet einen Werbespruch und informiert über das Kino sowie über die Tage, an denen der Film gezeigt wird. Die eher einfachen schwarz-weiss Zeichnungen (Matern) waren die wichtigsten Elemente dieser Anzeigen, sie zogen das Auge des Betrachters auf sich und erweckten seine Aufmerksamkeit, sie waren „Blickfänger für das Kino (Hans-Peter Reichmann). So mancher Illustrator – wie z. B. Klaus Dill – hat sich mit der Erstellung solcher Bildchen ein Zubrot verdient.
Filmplakate sprechen generell gesehen vor allem optisch an. Sie müssen also entweder besondere graphische Momente bieten können, die den Betrachter (Nachfrager) ansprechen und/oder durch eine gekonnte farbliche Gestaltung sein Augenmerk erregen. Zudem sollten sie in ihren Textteilen zusätzliche Informationen vermitteln. Im Laufe der Geschichte des Western entstanden Tausende von Plakaten, von denen inzwischen erfreulicherweise viele in Buchform gesammelt wurden oder im Internet auf entsprechenden websites zugänglich sind.

Filmplakate Tumbleweeds
William S. Hart übernahm die Hauptrolle im 1925 veröffentlichten Stummfilm Tumbleweeds. Natürlich handelte es sich um einen Schwarz-weiß-Film, die Plakate sind allerdings farbig, das markante Gesicht des Hauptdarstellers steht im Bildmittelpunkt, weitere Bildelemente – der Indianer, die Planwagen, das indianische Zelt, etc. bilden nur einen Rahmen oder rücken in den Bildhintergrund. Der Name des populären Stars William S. Hart und der Filmtitel beanspruchen die größten Schrifttypen, weitere Texte werden kleiner gedruckt. Der Bildbereich bei beiden Plakaten beansprucht jeweils etwa 60 % der zur Verfügung stehenden Fläche.

Filmplakate Open Range

Die beiden Plakate für Open Range - einen Kevin Costner-Film aus dem Jahr 2004 - betonen beide den dunklen Himmel über einer weiten Prärie. Auf dem ersten Plakat wurden Fotos von Costner und Robert Duvall in den Bereich des Himmels kopiert, weiter unten sind die Silhouetten von zwei einander zugewandten Reitern, einer Frau und einem Mann zu sehen, während sich ganz unten in eher kleiner Schrift Angaben zu Cast und Produktion finden. Für den Filmtitel hat der Graphiker eine gesperrt gedruckte Schrift gewählt, die meines Erachtens bestens mit dem Filmtitel harmoniert, ruft sie doch einen Eindruck von Weite hervor.
Die gleiche Schrift beherrscht das zweite weitaus minimalistischere Plakat. Der Himmel ist hier noch dunkler, die Open Range eindrucksvoller und unten rechts verliert sich eine kleine Personengruppe in dem „Weiten Land“ und … ansonsten finden sich nur noch der Name Costners sowie ein ziemlich dezenter Hinweis darauf, ab wann der Film gezeigt wird. Mich spricht dieses Plakat stärker an als das erste. So kann man Werbung für Filme auch heute noch gestalten, enthält das Objekt doch alles, was wichtig ist. Name, Bezeichnung des Produktes, den Namen eines bekannten Filmstars als weitere Werbung, eine bildliche Botschaft sowie einen Hinweis darauf, wie ein Interessent das beworbene Produkt in seinen Besitz bringen kann.
Werbung fürs Kinos erreicht die Konsumenten zumeist über Plakate und Aushangfotos. Weitere Marketingformen müssen aber zumindest erwähnt werden. Zu denken ist hier an die oft aufwändig gestalteten Trailer, die in Kinos oft vor den eigentlich – vom Kunden bezahlten Hauptfilmen - gezeigt werden oder inzwischen oft auch über das Internet zugänglich sind. Sie zeigen mit häufig theatralischer Übertreibung, unterlegt mit Musik (z.B. Titelsong des Films), großen Schrifteinblendungen und werbenden Kommentaren aus dem Off einige Szenenschnipsel, ohne zu viel zu verraten, aber mit genügend Informationen und Action, um den Konsumenten dazu zu bringen, demnächst gerade diesen Film im Kino zu sehen. Werbeflyer, früher auch Werberatschläge für Kinobetreiber oder anderes Pressematerial, welches Besprechungen in Filmzeitschriften unterstützt, sowie Kinoprogrammhefte, einst fast immer an den Kinokassen erhältlich, sind letztendlich weiteres Material in gedruckter Form, welches bei Veröffentlichung oft durch die Reproduktion von Standfotos aus den Filmen unterstützt wird. Die Zweitverwendung von Filmen in Form von DVDs etc. setzt bei ihrer Werbung zumeist auf eine aufwändige, plakative Gestaltung der Hüllen – die Vorderseite zeigt dabei vielfach eine um einige Elemente ergänzte Wiedergabe des Kinoplakats, die Rückseite enthält eine Art „Klappentext“ und kleinere Bilder aus dem Film sowie zusätzliche Textinformationen.

Romanheft: G. F. Unger
Romanheft: Texas-Jack
Es gibt insgesamt aber weitaus mehr Western in gedruckter als in filmischer Form. Während frühe Dime Novels des 19. Jahrhunderts zumeist auf eine attraktive Gestaltung des Einbandes verzichteten trifft dies auf spätere Veröffentlichungen kaum zu. Die Ende des 19. und zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts veröffentlichten frühen Romanhefte. Texas Jack erschien in deutscher Fassung ab 1906 beim Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst in Berlin. Die Umschlagvorderseite des fünften Heftes Der letzte König der Comanchen ist viergeteilt, zwei schmale Textzeilen im oberen Bereich sowie ganz unten nennen Verkaufspreise in drei verschiedenen Währungen, weisen darauf hin, dass die Erzählung selbständig und in sich abgeschlossen ist und machen Appetit aufs Lesen mit dem Textzitat: „Der Indianer stieß dem durch Pfeilschüsse geblendeten Grislybären die Lanze in den Leib.“ Genau diese Szene wird im kolorierten Titelbild, welches etwa 70 % des insgesamt zur Verfügung stehenden Platzes einnimmt, in ansprechender Form wiedergegeben. Titelvignette, Serien- und Hefttitel in den Signalfarben gelb, rot und auch schwarz nehmen mit etwa 20 % der Höhe den Kopf der Umschlagvorderseite ein. Es war wichtig, die Informationen an dieser Stelle der Seite zu platzieren, weil die Hefte an den Verkaufsstellen (Kiosken) so in Regalen aufgestellt wurden, dass nur der jeweils obere Streifen des Heftes zu sehen war. Die durchgängige Einheitlichkeit der Einbandgestaltung der gesamten Serie half einen Wiedererkennungswert zu schaffen.
Bis heute sind viele der genannten Gestaltungselemente im kränkelnden Bereich der Westernromanhefte kaum geändert worden. Ein Bastei-Romanheft aus jüngerer Zeit sei hier herausgegriffen. Die gemäldeartig gestaltete Illustration nimmt bei einer Ausgabe von G. F. Ungers Im Tal der flüsternden Winde mehr als die Hälfte der zur Verfügung stehenden Fläche. Die Gestaltung ist realistisch, man sieht einen Reiter mit Packpferd in einem Flußbett an einer pfeilgespickten Leiche vorbeireitend. Im oberen Teil ist der Serientitel in der verlagsüblichen Vignette zu lesen, am unteren Rand stehen Preise und Scancodes. Ins Bild integriert wurden der Hefttitel sowie eine kurze Inhaltszeile. Signalfarben bleiben rot und gelb.
Romanheft: Western-Besteller
Leihbuch: G. F. Unger
Der gleiche Text wurde einige Jahre später nochmals in einer Romanheftausgabe des gleichen Verlages veröffentlicht. Die künstlerisch gestaltete Zeichnung nimmt nun rund 90 % der gesamten Fläche ein, während am unteren Heftrand auf einem rund 10 % breiten Feld mit schwarzem Hintergrund Preise und Scancodes zu erkennen sind. Im oberen Bereich findet sich erneut eine typische Bastei-Zinne als Vignette, in der der Serientitel in schwarzer Schrift genannt wird, darunter steht in roter Schrift der Name des Verfasser und im unteren Drittel der Titelseite werden dann Hefttitel und weitaus kleiner ein Inhaltstext gedruckt. Dem Markenname „G. F. Unger“ wird vom Graphikdesigner die größte und markanteste Schrift zugebilligt, die anderen Schifttypen ordnen sich unter. Signalfarben für Schrift und Vignette bleiben wiederum rot, gelb und erneut auch schwarz. Die kleinen blauen Rechtecke oben links weisen bei Romanheften auf das Genre des Western hin.
Das vermutlich durch Alfred Dudda gestaltete Umschlagbild der Leihbuch-Erstausgabe von Im Tal der flüsternden Winde könnte dem mir unbekannten Illustrator der eben vorgestellten Heftausgabe durchaus als Vorbild gedient haben. Das zugrundeliegende Bildmotiv ist ähnlich – Reiter in einer Schlucht. Die verwendeten Farbtöne sind allerdings weit dezenter als bei der Heftausgabe und vor allem die Platzierung des Verfassernamens und des Buchtitels im unteren Drittel weichen ab. Solche Buchausgaben wurden nicht an Kiosken angeboten, wo die Art der Aufstellung weite Teile der Umschlagseite vor den Blicken der Kunden verbarg, sie standen normalerweise in Regalen wo nur der Buchrücken zu sehen war. Demzufolge war es eher unwichtig, wo man diese Informationen auf dem Umschlag zeigte. Mein ästhetisches Empfinden spricht die hier gezeigte Einbandgestaltung stärker an als die plakativere Form beim Romanheft.

Werbung Romanheft
Werbung Romanheft
Die Einbandrückseiten der Romanheftreihen dienten häufig gleichfalls der Werbung. Neben genre- und verlagsfremden Produkten (in Form von Anzeigen externer Anbieter) druckten die Verlage hier gerne Titellisten ab. Solche Backlists konnten den Wunsch erwecken, ältere Ausgaben der Serien zu kaufen, sie schufen den Verlagen somit eine zusätzliche Verkaufs- und Verdienstmöglichkeit, indem sie auf die weitere Verfügbarkeit der früher erschienenen Titel hinwiesen. Des weiteren nutzten die Marketingabteilungen der Verlage diesen Platz oft, um auf andere Heftreihen aus dem eigen Prgramm zu verweisen. Auf der Rückseite von Rothaut, Nr. 1 wirbt man für die Pabel-Western, die roten Anfangsbuchstaben der Adjektive „packend – atemberaubend – begeisternd – eigenwillig – lebendig“ ergeben den Verlagsnamen, das Ganze wird umrahmt von einer schwarz-weiss Illustration und dem schräg gestellten Titelbild eines in der Reihe erschienenen Heftes von Zane Grey. 
Die erst vor wenigen Tagen veröffentlichte Annonce für die Serie Amerika zeigt gleichfalls zwei – nun allerdings farbige – Illustrationen. Unten rechts ist Heft 1 der Serie abgebildet, während das große Bild die Titelzeichnung der noch nicht erschienenen Nummer 2 zeigt. Umrahmt wird dies durch zwei unterschiedlich breite orangefarbige Balken, die textliche Informationen bieten. Der Verlagsslogan „Bastei Jedem seine Welt“ steht oben, unten gibt es ein Verlagssignet sowie Kurzinformationen zum Autor und zum Inhalt.

Comic Comanche
 Ein ergänzender Blick in den Bereich der Comics bringt einige Ergänzungen und Variationen. Die Covergestaltung von Comanche – Red Dust, einem Album des Carlsen Verlags aus dem Jahr 1991 ist vertikal gegliedert. Den größten Teil der Fläche nimmt eine seitenhohe, beherrschende Zeichnung der Hauptperson vor einem typischen Westernhintergrund ein. Dieser Hintergrund setzt sich links und rechts in den weißen Flächen - nun nur noch in Grautönen - fort und schafft so eine Verbindung. Links oben hat der Graphiker zudem ein Porträt der Titelfigur Comanche wiedergegeben. Die kräftigen Farbtöne der verwendeten Schriften heben sich wohltuend gut von den Bildteilen des Covers ab. Auch hier werden neben Serien- und Albumtitel, die Namen der Autoren, die Bandnummer und ein Verlagssignet gezeigt – eine Preisangabe fehlt.
Auf eine Verlagsangabe hat man bei der umlaufenden Einbandgestaltung von Tex – Almanacco del West 1995 verzichtet. Die Konzeption ist hier traditioneller, die Illustration von Claudio Villa dafür aber weit dynamischer. Tex, in einer bewegten Momentaufnahme dargestellt, wird von einem Apachen bedroht, während die Rückseite eine ruhende Wagenburg aus zehn Planwagen zeigt. 

Wichtige Bildelemente sind zudem die massiven Felsen sowie ein Vollmond. Gelb ist die beherrschende Farbe der Einbandvorderseite, Tex trägt ein gelbes Hemd und in gelb ist auch der Schriftzug „Tex“ angelegt. Rot als Schriftfarbe und die verschiedenen Blautöne des Himmels und der Landschaft kommen, ergänzt auf der Rückseite durch das harte Weiß des Mondes, welches durch die hellblaue Korona zusätzlich betont wird. Die Einbandgestaltung ist klar gegliedert – ca. 75 % beansprucht das Titelbild Villas, ein schmaler grauer Streifen bietet einige textliche Informationen und die oberen rund 20 % der Fläche nennen auf der Vorderseite in markanter Typografie den Titel, während auf der Rückseite eine Inhaltsübersicht des Magazins in grauer Schriftfarbe zu finden ist. Gut gelöst hat der Graphikdesigner die Integration des Schriftzugs „West“ in Titelbild. Zwar überdeckt das „W“ ein wenig den Westernhut von Tex, dies stört aber in keinster Weise.


Cover E-Book 1
Cover E-Book 2
Die werbenden bislang vorgestellten Titelbilder bieten zumeist ein „ordentliches“ Design. Dies ist leider nicht immer der Fall. Manchmal begegnen auch - selbst dann,  wenn ich bei manchen graphischen Gestaltungsmerkmalen eine bestimmte Absicht voraussetze - „Designkatastrophen“. So ist mir dies schon öfters im Bereich der heute massiv auf den Markt drängenden E-Books aufgefallen. Die monströse „9“ in unserem Beispiel beherrscht alles und verdeckt und ruiniert das eigentlich gute Bildmotiv von Firuz Askin, das „d“ von Timothy Kid verschwimmt mit dem gelben Rahmen, der sowieso keinen Sinn hat; zwischen Vor- und Nachnamen der Autoren findet man wahre „Schützengräben“, dafür fehlt dann beim einzigen Komma ein notwendiger Abstand. Gelbe und weiße Schrift harmonieren nicht und der Sinn der unterschiedlich großen Schrifttypen erschließt sich nicht. „Knallhart“ - wie es auf diesem Cover steht – daneben. So etwas hat für mich keinen werbenden, sondern einen abschreckenden Effekt.
Die im Münchener APEX-Verlag als E-Books veröffentlichten klassischen Western zeigen eine sorgfältigere, an klassischen Mustern orientierte Gestaltung der Titelbilder. Für Die wilde Horde von Ernest Haycox hat der Graphiker auf ein älteres Westerntitelbild zurückgegriffen, dieses farblich modifiziert, es mit dem auf allen Western des Verlages wiederkehrenden „Einschussloch“ versehen, sowie oben links dezent ein Verlagssignet und im unteren Drittel der Fläche Autor Titel und literarische Gattung hinzugefügt. Das harte Weiß der Schrift wird durch teils überdeckendes helles Grau gemildert. Eine ‚corporate identity‘ des Produktes ‚APEX Western‘ wird durch die Wiederkehr zentraler Gestaltungselemente auf allen Titelbilder der Reihe erreicht.
Christian Dörge, der Verleger dieser Westernreihe, hat dankenswerterweise einige Fragen zu unserem Thema beantwortet. Das kleine Interview gebe ich hier unkommentiert und ungekürzt wieder.
FRAGE 1: Welche Werbemassnahmen ergreift der Apex-Verlag?
ANTWORT: Nachdem die gewissermaßen 'klassischen' Werbeträger im Verlagsgeschäft zunehmend bedeutungslos geworden sind (Print-Werbung erzeugt bestenfalls nur noch Prestige...), werben wir im Bereich der Social Networks - und hier primär via Facebook. Zusätzlich werben wir graphisch recht aufwändig in unseren E-Book- und Print-Veröffentlichungen für die Titel aus unserem Hause. Ergänzend ist selbstverständlich ein professioneller Internet-Auftritt von erheblicher Bedeutung - und auf unserer Verlags-Homepage veröffentlichen wir z.B. auch Interviews mit unseren Autoren/Autorinnen, was gewiß zusätzliches Interesse weckt.
Eine ausgesprochen wichtige Werbemaßnahme ist zudem das Tagging: Die Stichwort-Optimierung für Suchmaschinen bei den einzelnen (Online-)Händlern hat sich oftmals als wirkungsvoller als jegliche separate Werbung erwiesen.
FRAGE 2: Wie versucht der Verlag potentielle Kunden zu gewinnen?
ANTWORT Durch Qualität - und durch Vielfalt, die gleichzeitig eine Marke etabliert. Aber vor allem: durch die Begeisterung für (Genre-)Literatur, die sich - im Idealfall - auch auf die Leser überträgt.
FRAGE 3: Nutzt der Apex-Verlag z.B. spezielle Formulierungen bei Werbetexten etc.?ANTWORT: Nein. Die Sprache der (professionell) Werbetreibenden empfinde ich mitunter zwar als unterhaltsam, aber diese Art Plakativität liegt mir nicht.
FRAGE 4: Wie sieht es mit einer Corporate Identity der Reihen aus? ANTWORT: Es war von Beginn an mein Ziel, unseren Veröffentlichungen - trotz der thematischen Vielfalt - ein wiedererkennbares Äußeres zu geben - und zudem ein Äußeres, das sich von den übrigen Verlagen in diesem Bereich signifikant unterscheidet. Diese - nun ja - 'graphische Identität' konnte ich u.a. dadurch erreichen, daß das optische Erscheinungsbild ausschließlich durch meine Arbeit (und daher: durch meinen Stil) geprägt ist.
FRAGE 5: Welche Bedeutung haben visuelle Aspekte z.B. Layout und vor allem Gestaltung der Titelbilder?
ANTWORT: Das Cover eines Buches sollte nicht nur dem Inhalt desselben möglichst nahe kommen (dabei jedoch über rein szenisches Abbilden hinausgehen), es soll überdies neugierig machen und einen hohen Wiedererkennungswert bieten. Ferner ist es mir ein persönliches Anliegen, dem Autor/der Autorin so respektvoll wie möglich zuzuarbeiten - und ggf. auch die Zeit einfangen, in welcher das betreffende Werk entstanden ist. (Christian Dörge, am 28.6.2018, per Email)

Es konnten hier nur einige Aspekte des weiten Feldes „Marketing und Werbung für Western“ angesprochen werden. Der historische Überblick hat sich überwiegend auf den Bereich der künstlerischen und graphischen Gestaltung von Titelbildern konzentriert, wobei deutlich geworden ist, dass bestimmte Momente immer wieder zu finden waren und auch heute noch eine Rolle spielen. „Werbung mit Worten“, also z.B. die textliche Gestaltung von Klappentexten oder Werbeslogans, habe ich bewusst kaum thematisiert, einer ihrer Sprüche darf jedoch am Ende meiner heutigen Ausführungen stehen: „Ob für ob gegen einerlei, mit Spannung liest man stets Karl May“. Dieser Geistesblitz eines Mitarbeiters des Karl May-Verlages – vermutlich aus den 1960er Jahren – war knapp, reimte sich und er ist einprägsam – sonst wäre er mir jetzt nicht mehr eingefallen. Wenn heutige Marketingstrategen genauso gut oder besser sind, ja dann werden wir uns auch in Zukunft über Werbung für Western freuen … und Western lesen.
Vielen Dank!

{Bei diesem Beitrag handelt es sich um die unveränderte Wiedergabe eines Vortrags, den ich im Sommer 2018 anlässlich einer Tagung der GASW - Deutsche Gesellschaft zum Studium des Western im Kloster Drübeck gehalten habe.}
(Karl Jürgen Roth)

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