Samstag, 11. September 2021

11. September - Joachim Fernau

GEDENKTAGE - 11. September

Joachim Fernau
(* 11. September 1909 in Bromberg, Deutsches Reich; † 24. November 1988 in Florenz) war ein deutscher Journalist, Kriegsberichterstatter der Waffen-SS, Bestseller-Autor, Maler und Kunstsammler. Ein Teil seiner Werke erschien unter dem Pseudonym John Forster.
Nach dem Abitur im Jahr 1929 am evangelischen Humanistischen Gymnasium in Hirschberg studierte Fernau an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin Philosophie und Geschichte, ohne ein Examen abzulegen. Er arbeitete in Berlin als auf Sportreportagen spezialisierter freier Journalist vor allem für den Ullstein Verlag und für die Telegraphen-Union. Während der Olympischen Sommerspiele 1936 veröffentlichte der Reichssportverlag vom 21. Juli bis zum 19. August insgesamt 30 Ausgaben der „Olympia Zeitung“, die über die aktuellen Olympia-Ereignisse berichteten. Einer der sechs verantwortlichen Redakteure für die regimekonforme Berichterstattung war Fernau.
Nachdem Fernau 1939 zum Wehrdienst einberufen worden war, wurde er nach eigenen Angaben zur Waffen-SS versetzt. Die Rekrutierung von Fachpersonal für Propagandakompanien (PK) erfolgte auf Vorschlag des Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda in Abstimmung mit militärischen Behörden. Seit Frühjahr 1940 war Fernau in SS-PK, der späteren SS-Standarte Kurt Eggers, im Frontpropagandaeinsatz. Er erreichte den Rang eines SS-Obersturmführers. 1942 und 1943 berichtete er von der Ostfront. Fernaus Kriegsberichte wurden in zentralen Propagandamedien des Regimes wie 'Das Reich', 'Völkischer Beobachter' oder 'Das Schwarze Korps' veröffentlicht. Fernau war Spezialist für Durchhalteartikel, die die Bereitschaft zur Kriegsverlängerung und den Glauben der Bevölkerung an eine positive Kriegswende, den sogenannten Endsieg, fördern sollten.
Nach dem Ende der NS-Zeit ging Fernau nach München, um dort als freier Schriftsteller und Journalist zu arbeiten. Zwischenzeitlich arbeitete er als Redakteur in Stuttgart. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde 1946 Fernaus zusammen mit Kurt Kayser und Johannes Paul verfasstes 'Afrika wartet. Ein kolonialpolitisches Bilderbuch' (1942) auf die Liste der aus den Bibliotheken auszusondernden Literatur aufgenommen. Die Liste stellte Bücher zusammen, „die faschistischen oder militaristischen Inhalt haben, politische Expansionsgedanken enthalten, die nationalsozialistische Rassenlehre vertreten oder sich gegen die Alliierten“ wendeten.
1952 erschien im Verlag Gerhard Stalling 'Deutschland, Deutschland über alles …', sein meistverkauftes Buch. Er publizierte zahlreiche weitere Bücher – unter anderem 'Die Genies der Deutschen' oder 'Rosen für Apoll', einige davon Bestseller. Fernaus Gesamtauflage in den 1950er bis 1970er Jahren lag bei mehr als zwei Millionen Exemplaren. Seine Schriften sind Sachbücher zur Geschichte und werden der trivialen Unterhaltungsliteratur zugeordnet.
1954 erschien unter dem Pseudonym „John Forster“ ein „heiterer Band mit Flucht-Abenteuern deutscher Kriegsgefangener: ‚Heldentum nach Ladenschluß‘“ (Der Spiegel). Ab 1955 wurden vier Episoden unter Mitwirkung von Erik Ode, Wolfgang Becker, Harald Juhnke, Wolfgang Wahl, Ed Tracey verfilmt. Der Spiegel bemerkt 1956 in einer Filmkritik zum vierten Teil des damaligen Kassenschlagers: „Der nationalgesinnte Zuschauer kann sich trotz der ins Halbkomische gezogenen Niederlage daran erlaben, daß ein deutscher Mann doch jeden Sieger überlistet, daß die Russen keine Wasser-Klosetts kennen und die Eingeborenen Afrikas mit den Deutschen gegen die Engländer zusammenhalten.“ Der Filmkritiker Uwe Nettelbeck kontextualisiert die vier Filme in der Zeit 1967 mit der Wiederbewaffnung. Es handle sich um „Kriegsfilme“, „Goebbels hätte seine helle Freude daran gehabt“: „Die alten Nazi-Offiziere wurden reingewaschen. Man brauchte sie. Der Trick war durchsichtig: Nur der Führer hatte Schuld, und da ein rechter Krieg mit Politik ohnehin nichts zu schaffen hat, war es nicht der Armee anzukreiden, daß sie für eine schlechte Sache gekämpft hat. Sie war auch plötzlich wieder ein lustiger Haufen, bei dem man was lernen und was erleben kann.“
Fernaus Buch 'Und sie schämeten sich nicht …' wurde 1958 veröffentlicht. Der Inhalt ist laut Klappentext „die zweitausendjährige Geschichte der Liebe in Deutschland sozusagen von Arminius bis Adenauer“. Es wurde 1968 unter dem Titel 'Komm nur, mein liebstes Vögelein' verfilmt.
1959 wies Ascan Klée Gobert in einem Leserbrief an Die Welt auf die NS-Vergangenheit von Fernau hin. Seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre kam es zu vermehrter Kritik an Fernaus Haltung zum Nationalsozialismus. Fernau antwortete in der 'Zeit', Propaganda sei nun eben sein Auftrag gewesen. Er wies alle Vorwürfe zurück, er habe „niemals gehetzt und nie ein verherrlichendes Wort über den Nationalsozialismus […] geschrieben.“ Und zwar, obwohl er „nicht freiwillig“ geschrieben habe, sondern gleichsam kriegszwangsverpflichtet gewesen sei. Fernau veröffentlichte weiterhin erfolgreiche Bücher. 'Disteln für Hagen' erschien in der ersten Auflage 1966 bei Herbig. Michael Schulte schrieb 1970 in der FAZ zu Fernaus Werk 'Brötchenarbeit', einer Zusammenstellung von Feuilletons und Filmdrehbüchern: „was sich hier unter dem Deckmantel spritziger Plauderei an reaktionärem Gedankengut verbirgt, ist schwer erträglich“. Ekkehardt Rudolf rezensierte in der evangelisch-konservativen Wochenzeitung 'Christ und Welt' 1971 Fernaus Buch 'Cäsar läßt grüßen'. Nach ausführlicher Zitierung kommentierte er: „In diesen Zitaten steckt eine Gesinnung, die reaktionär zu nennen euphemistisch wäre: mir erscheint sie antidemokratisch und demagogisch. Fast überflüssig zu sagen, daß zwischen den Zeilen ein Bekenntnis zum Führerprinzip ablesbar ist.“ Kritisiert wurde die politische Ausrichtung seiner Darstellungen. So beschrieb das Killy Literaturlexikon ihn 1989 als „umstritten“. In seinen Büchern finde sich „eine latente völkisch-nationale Geschichtskonzeption“. Exemplarisch sei sein Buch Deutschland, Deutschland über alles. Von Arminius bis Adenauer. Er bemühe sich „um des Lesers Einverständnis im Sinne eines ‚gesunden Volksempfindens‘“. Er biete einen „historischen Bilderbogen“ an, der „rassistische und antidemokratische Stereotype subtil bestätigt“. „Unterschwellig provoziert diese suggestive Erzählstrategie ein Bedauern über den Verlust des nationalen Mythos vom Großdeutschen Reich.“ Fernau schrieb auch Lyrik ('Suite Nr. 1') und betätigte sich als Kunstsammler. {wikipedia, modifiziert}




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